Nille foor de Houden wurde zwischen kurz vor, und kurz nach seiner Geburt in dem Dörfchen Poopenhoopen in den holländischen Bergen geboren. Über sein tatsächliches Alter schweigt er sich aus. Taktisch klug, trägt er seit langer Zeit eine extreme Kurzhaar- Frisur. Diese lässt ihn einfach nicht altern. Dem Gemunkel der Ortsansässigen Ü72 Riege nach dürfte er aber zwischen 16 und 61 sein. Verschwörungstheoretiker behaupten außerdem, dass die Quersumme seines Geburtsdatums 23 ergibt, was ganz klar auf den nahe stehenden Weltuntergang hindeutet.
Kurz nach seiner Geburt zog der Vater in den 16 stündigen Krieg von Ammerstaamzweeg-kuchenkraake. Er war das einzige von sieben Todesopfern und kehrte nie wieder zu seiner Familie zurück. Die Einwohner von Poopenhoopen gründeten einen Hilfsfond für die Famile foor de Houden. Weil das Dorf jedoch nur aus 12 Einwohnern bestand, konnte sich Nilles Mutter nur ca. sechzehn Stunden über Wasser halten. Da Nille der jüngste der Familie war, und seine Überlebenschancen ohne Hilfe der UNESCO gen null schwanden, wurde er von seiner Mutter an einen Fußballbauer aus dem Nachbardorf Weerwollewulle ausgeliehen. "Haalt de Bälle rund!" war das letzte was Nille jemals von seiner Mutter hörte, als ihn der hartherzige, hornhändige Bällebauer, ihren liebenden Armen entriss.
Die darauf folgenden Jahre waren die härtesten in Nilles Leben. Tagein tagaus musste er Gummibaumrindenreste, ein Abfallprodukt der ortsansässigen Flummifabrik, zerkauen und daraus ein Naturkautschuk-Speichel-Gemisch, für das Innenleben der Fußbälle, herstellen. Um eine zufriedenstellende Viskösität für die Weiterverarbeitung zu gewährleisten, durfte das Gemisch nicht abkühlen. Daher warf er seine Klamotten weg und wickelte sich mit dem Gemisch vollflächig ein, um es auf Körpertemperatur zu halten. Es geht die Legende um, dass sich dieser Tage der Erfinder des Michelin Maskottchens in der Gegend aufhielt. Nach Feierabend musste er schwarz/weiß gescheckte Balllederziegen hüten, die für die Produktion der Außenhaut gebraucht wurden. Nachts schlief er auf einem Bett aus alten Eddingstiften und Schuhkartons von echten Graceland. Es war eine trostlose Zeit.
Die einzige Abwechslung bot eine Gitarre, die ein chinesischer Leiharbeiter Nille schenkte, als er wieder zurück nach Brasilien, zu seiner Familie und seiner Hypothek, ging. Die Gitarre war der einzige Lichtblick in Nilles langen, kalten, grauen Nächten. Sie spendete ihm Trost und half ihm diese schwierigen Zeiten zu überstehen.
Eines Tages, der Fußballbauermeister war gerade auf einer Haushaltswarenmesse in Mexico-Stadt, kam die böse Stieftochter des Bällebauers und stellte Nille ein Bein, als er gerade mit der Strickleiter einen neuen Gummibaumrindenrestehaufen erklimmen wollte. Er stürzte, schrie vor Schreck und das ganze angekaute Material ergoss sich in den Innenhof des Gummibaumrindenresteweiterverarbeitungsproduktionsstraßenkomplexes. Was das für eine Schweinerei war, können sie sich ja denken. Panisch vor Angst, vor der Reaktion des Meisters (immerhin hatte er eine ganze Monatsproduktion in den Backentaschen umhergetragen) schrie er die Stieftochter an: "Waarum hasse dasse taan?" was soviel bedeutet wie: "Was soll der Scheiß du verkorkste kleine Mistkuh? Ich hab wegen dir die ganze Bude vollgekotz!" Sie erwiederte: "sohaalt!" Diese Übersetzung kann ich hier nicht veröffentlichen, weil vielleicht auch einmal jemand unterhalb der Volljährigkeit Nilles Geschichte lesen will. Erbost rannte er in sein kleines Gemach, packte die Gitarre (sein einziges Hab und Gut) und floh aus der Bällefabrik.
Im ersten Moment fühlte er sich frei, im zweiten Moment fühlte er sich nackt (er hatte ja schließlich keine Klamotten an, da er sich des Kautschuk-Speichel-Gemisch-Dresses entledigt hatte), im dritten Moment begann er zu frieren, dann wurde ihm wieder warm, weil er sich in der Garderobe eines Nudisten-Camps eingekleidet hatte (Eine schicke grüne Cordhose und ein gallefarbenes Strickjäckchen. Dazu eine fesche Sonnenbrille und ein Paar Cremefarbene Krokodillederimitat Schuhe. Zu guter Letzt noch einen Strohhut und ein elegantes Halstuch und fertig war sein neues Outfit), dann wurde er müde und er fiel zuerst in eine Baugrube für eine Fernwärmeleitung und direkt im Anschluss in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Als er sich am nächsten Morgen den Schlafsand aus den Äuglein rieb, wurde ihm schlagartig bewusst >>ick been off de Freeiersfüss<<. Als ihm das klar wurde ging er erstmal in eine Vorstellung von AVATAR-Aufbruch nach Pandora in 3D. Danach entschloss er, sich dem zu widmen, was ihn all die Wochen über Wasser gehalten hat. Dem Gitarre spielen. Er setzte sich auf das schwarz/bunte Plastikpferd bei C&A und fing an zu spielen. Stunde um Stunde saß er da und er spielte und spielte. Was ihm so viel Kraft verliehen hatte, schien die Menschen in seiner Umgebung jedoch zu verschrecken. Sie nahmen nur am Rande Notiz von Ihm und schauten, dass sie möglichst schnell, möglichst viele Kubikmeter Luft zwischen sich und Nille brachten.
Plötzlich hörte er irgendwo in der Ferne ein liebliches Geräusch. So klar, als würden tausen Engel in seinem Kopf, die schönsten Lieder singen. Er konnte nicht anders. Das Geräusch hatte Macht von ihm ergriffen. Er folgte den Klängen, wie ein Bluthund der Fährte eines mehrfach vorbestraften Schwarzfahrers, der es schon wieder getan hat, folgt. Da - plötzlich entdeckte er die Quelle seines Glücks. City Döner! Davor saß ein bärtiger Mann mit einem schwarzen Filzhut, Jeans Klamotten und einem Schildchen auf dem stand: Knut Hansen. In den Händen hielt der Fremde eine Gitarre. Aber irgend etwas stimmte mit dieser Gitarre nicht. Diese Gitarre hatte merkwürdige silberne Streben, über die der Mann, mit dem schönen Namen Knut, fuhr. Jedes mal, wenn seine Finger die Blechfäden berührten, ertönte dieser wundervolle Klang. "Was machst du da?" (Nille hatte in den 2,5 Stunden von AVATAR - Aufbruch nach Pandora in 3D perfekt deutsch und Na´vi gelernt) fragte Nille den beeindruckenden Mann. "Ja nach was sieht das wohl aus? Gitarre spielen, ne?!?" sagte er. "Du hass ja auch eine dabei, aber goor keine Saiten druff. Wasn da lous, schieß mir ´n Arm ab! Gib ma rum das gude Stück, denn pack ich dir ma n Satz drauf!" Er entwendete dem baffen Nille seine Gitarre und zog im Handumdrehen einen niegel nagel neuen Satz silber glänzender 46 - 10er Saiten drauf. "So, denn mool viel Spaß damit mein Gudster, ne!" Sagte der Wohltäter und verschwand in den Katakomben von City Döner!
Wieder einmal stand Nille gebäfft da. Was hatte er da die ganze Zeit getan. Er dachte, er spiele mittlerweile perfekt Gitarre, aber dieses chinesische Arschloch hatte ihm eine Gitarre ohne Saiten geschenkt. Da hatte er sich ja eine ganze Weile ganz schön blamiert. >>Kein Wunder, dass niemand Geld in den Schlitz von dem schwarz/bunten Plastikpferd bei C&A geworfen hat. Die haben alle gedacht ich bin extrem irre. wat nee riisen shiit!<<. Er schwor sich, dass ihm so etwas nie wieder passieren würde. Da seine Gitarrenkünste zum geldverdienen nicht ausreichten, schloss er sich für zwölf Minuten einer niederbayrischen Punkerbande an und erschnorrte sich so: Einen dreiviertel Liter schales Bier (Export), die Uhr eines Österreichischen Postbeamten im Außendienst, einen aufblasbaren Gummisessel (rot), den er aber aufgrund seiner schlechten Erfahrungen mit Gummisachen gleich an "Blocki" weiter gab, der ihm im Gegenzug sein 6-teiliges Kaffeservice im Retro Style überlies, und 12,99 €. Mit diesem, seinem ersten Kapital, ging er in das nächstgelegene Musikfachgeschäft und kaufte sich das einzige Buch, das er neben "the best of Elton John" (Klaviernoten) und ein Songbook von "the artist formerly known as prince and now prince again" (was ihm sehr dubios erschien) für seine geringen finanziellen Mittel erschwingen konnte: 100 Songs für 3 plus 3 Akkorde. Da war es also. Sein Sprungbrett in eine bessere Welt.
Ab diesem Tag war für Nille eines klar. Er hätte doch lieber den Sessel behalten sollen, weil das Kaffeeservice extrem ungemütlich zum drauf sitzen war UND er würde von seiner Musik leben können. Er übte und übte. Wurde langsam aber stetig besser und konnte bereits nach sieben Jahren die ersten drei Akkorde greifen. Voller Stolz setze er sich in die Fußgängerzone von Buxtehude (wo er mittlerweile hin verzogen war) und jammte auf seiner Gitarre. Immer ein fröhliches Lied auf den Lippen wurden schon schnell die ersten Menschen auf ihn aufmerksam. Sie kamen extra aus Ovelgönne und Estebrügge, um ihn zu sehen. Der Gitarre hatte er mittlerweile den liebevollen Namen der Tochter des chinesischen Leiharbeiters gegeben. "Rolf" sollte der schöne Name sein (hier konnte er nur schätzen, da er ja damals noch kein Wort Chinesisch verstand und den Arbeiter auch nicht nach dem Namen seiner Tochter gefragt hatte). Die Menschen blieben stehen und lauschten andächtig den wundervollen Klängen, die er da erzeugte. Er hatte es wieder einmal geschafft. Er war dort angekommen wo er schon immer hin wollte. Im Land der musikalischen Glückseligkeit.
Auch heute noch streift er musizierend durchs Land. In Buxtehude ist er mittlerweile selten anzutreffen, da es dort die sehr hochkarätige Straßenkapelle "Jammin´ Jonny and the Discofuckers feat. the Onkel Hanke brass Orchestra" gibt. Die Einwohner der buxtehudener Umgebung sind also musikalisch bestens versorgt.
Nille foor de Houden zieht ruhelos weiter und weiter. Und wer weiss - vielleicht wird er auch eines Tages in deiner Gegend Musik machen?!?

Nille foor de Houden live im Konzert (unplugged) bei einem Verbandstreffen der arachnophoben Ornithologen in Schöten (Ortsteil von Apolda)